Primäre Immundefekte – angeborene Störung des Immunsystems
Primäre Immundefekte (PID) sind angeborene Störungen des Immunsystems. Für fast alle Immundefekte ist das defekte Gen identifiziert. Eine Ausnahme macht z. B. der CVID (Common Variable Immunodeficiency), bei dem ein ursächlicher Gendefekt bislang nur bei einer Minderheit von Patientinnen und Patienten gefunden wurde. Obwohl primäre Immundefekte angeboren sind, können sich einige von ihnen erst im Erwachsenenalter manifestieren.
Von den primären Immundefekten abgegrenzt werden die sekundären Immundefekte, die Folge einer erworbenen Erkrankung sind. Sie treten etwa bei einer HIV-Infektion oder einer immunsuppressiven Therapie auf.
Unterschiede zwischen primären Immundefekten
Immundefekte können nahezu alle Komponenten des Immunsystems betreffen. Die Klassifikation der International Union of Immunological Societies (IUIS) listet fast 500 PID auf, wobei sich die Einteilung an den Teilbereichen des Immunsystems orientiert.
Man kann 10 große Gruppen von Immundefekten unterscheiden (https://www.immundefekt.de/klassifikation-primaerer-immundefekte-2020):
- Defekte der humoralen und zellulären Immunität (kombinierte T/B/(NK)-Zell-Immundefekte inkl. „SCID“)
- Kombinierte T- und B-Zell-Immundefekte mit syndromalen Eigenschaften
- Immundefekte, bei denen der Antikörpermangel im Vordergrund steht
- Störungen der Immunregulation
- Defekte der Phagozytenzahl und/oder -funktion
- Defekte der intrinsischen und natürlichen Immunität
- Autoinflammatorische Erkrankungen
- Komplementdefekte
- Knochenmarksversagen
- Phänokopien
Weiterführende Informationen zu den klassifizierten PID und auch zu den sogenannten Phänokopien, die einer genetischen Erkrankung ähnlich, aber nicht genetisch bedingt sind, finden Sie bei www.immundefekt.de.
Vererbung primärer Immundefekte – Stammbaum als Hilfe bei der Diagnose
Fast alle PID werden autosomal-rezessiv oder X-chromosomal vererbt, nur wenige autosomal-dominant. Die meisten Mutationen führen zu einem Verlust der Funktion des Genprodukts (loss-of-function, LOF), es sind aber auch eine Reihe von Mutationen bekannt, die zu einer verstärkten Aktivität des Genprodukts beitragen (gain-of-function, GOF).
Um den möglichen Vererbungsmodus eines primären ID herauszufinden und so die Diagnosefindung zu erleichtern, ist das Erstellen eines Stammbaums hilfreich. In ihm sollten Familienmitglieder mit bekannten primären Immundefekten, häufigen Infektionen, autoinflammatorischen, autoimmunologischen oder malignen Erkrankungen sowie unklare (frühe) Todesfälle erfasst sein.
Abhängig von der Restaktivität des Gens kann das klinische Bild sehr variabel sein. Auch innerhalb einer Familie können betroffene Personen eine unterschiedliche klinische Ausprägung des Immundefektes zeigen.